Sagen

Sagen und Märchen aus dem Tannheimer Tal

Das Tannheimer Tal ist allein landschaftlich ein bezaubernder Ort. Doch nicht nur das: Auch einige Sagen und Märchen gibt es über die Region. Und sie sind teilweise eng mit der Landschaft verknüpft.

„Geister und Hexen“ - da wird mancher Erwachsene wissend lachen. Denn damit hat man früher den kleinen Kindern Angst gemacht, damit sie nach Hause kamen, bevor es dunkel wurde. Kamen diese dann mit dem Argument vom hellen Vollmond, stellten die Erwachsenen die Mär gegenüber, dass es dann besonders arg spukt. Wer sich im Tannheimer Tal nach Sagen und Märchen umhört, dessen Weg findet folglich stets zu solchen magischen Gestalten. Die sind allerdings nicht exklusiv. Weder fürs Hochtal, noch für Tirol, noch für den Alpenraum.

Der Haldensee im Nebel

Eine Märchen-Gestalt aus Zöblen

Eine globale Figur, im Guten wie im Bösen, waren die Hexen. Das zeigt der Blick in die Märchen-Fibel wie ins Geschichtsbuch. Mal sollten sie Wunder wirken, mal schob man ihnen alle Schuld in die Schuhe. Ähnlich verhielt es sich mit den Geistern oder dem Spuk: Für alles mussten sie den unsichtbaren Kopf hinhalten, was sich nicht natürlich erklären ließ. Doch Besitzerstolz und Lokalpatriotismus spielten fast immer mit herein, wenn die Geschichten ausgeschmückt wurden. In Zöblen zum Beispiel war es der Obele Geist, den die Kinder besonders fürchteten. Er ist nach einem hiesigen Ortsteil benannt und ging ausschließlich in der Ortschaft und ihren Häusern um. Manche begegnen ihm heute noch.

Von Flüchen, die den Haldensee erschaffen

Eine der bekanntesten Sagen aus dem Tannheimer Tal handelt von der Entstehung des Haldensees. Unerklärlich für viele, wie ein paar armselige Bächlein einen solch großen See hätten hervorbringen sollen. Also glaubten sie lieber der Legende von den vor Gier herzlosen Erbinnen eines reichen Bauern. Drei Töchter, davon eine blind, waren nur hinter dem Geld her. Die zwei Sehenden wollten die Blinde betrügen. Die erkannte deren Bosheit, verfluchte sie und ein gewaltiges Unwetter spülte Hof und Sippschaft davon. Was blieb war der See. So die eine Erzählweise der Sage. In der anderen geht es nur um zwei Schwestern, eine davon wieder blind – und wieder die Betrogene. Das Ende ist das gleiche, nur ist hier der Fluch überliefert: „Wenn doch alles a groaßer blober See wud.“

Eine märchenhafte Gegend

Gut im Gedächtnis verankert sind die Geschichten über das „Bogener Ungeheuer“. Bogen ist ein Ortsteil von Tannheim, dort angesiedelt, wo es zum Vilsalpsee hinausgeht. Auf der rechten Seite der Wegschlucht erhebt sich eine steile Felswand. Dahinter lebte der Sage nach ein Ungeheuer, eine Art Drache, so wird seit Generationen erzählt. Unauffindbar versteckt in einer Höhle, die sich nur über eine unzugängliche Schlucht erreichen lässt. Man erzählt, dass dieses Untier immer dann mit Fauchen, Dröhnen und Zischen hervorgekrochen kam, wenn heftige Unwetter über den Bergen und dem See tobten. Märchen-Forscher erkennen heute den Versuch, das Unheimliche in einer gewaltigen Naturerscheinung zu erklären. Heute begegnen wir der Gefahr mit Vernunft und begeben uns vor dem Gewitter in sichere Unterkunft. Früher lieferte die Sage die gleiche Warnung: „Passt auf euch auf, wenn’s donnert und blitzt!“

Die „Weiße Wand“ bei Bogen liefert die Kulisse für eine zweite Sage. Drei verwunschene Jungfrauen versprechen einem verirrten Schäfer Glück und Reichtum, wenn er drei Prüfungen bestehe. Aber schon beim ersten Donnerschlag schreit der Feigling auf – und verspielt damit sein Glück genauso wie die Rettung der Damen. Das ist eine der vielen Abwandlungen der Geschichte von den drei Saligen, die überall im Alpenraum erzählt wird. Über Händler und Wanderhandwerker gelangte sie hierher und hinterließ einen Ableger. Bei anderen Geschichten war das wiederum nicht so: Weil es im Tannheimer Tal keinen Bergbau gab, sind die beliebten „Venediger Mandl“ dort zum Beispiel nie ein Thema gewesen. Dafür sind aus dem Tal die Stuckateure in alle Welt hinausgezogen. Wer weiß, welche Spuren die in den Märchen-Büchern hinterlassen haben …

Übrigens: Auch die Bergnamen sind teilweise auf Sagen und Märchen zurückzuführen. Mehr dazu gibt es hier zum Nachlesen.